Drei Monate in Sisimiut (Grönland) – Erinnerungen an ein längst vergangenes Abenteuer – Teil 3

Das Wetter

Ich war also mitten im Februar auf Grönland. Dem kältesten Monat des Jahres. Das es auf der Insel kalt ist, sollte jetzt nicht wirklich überraschen, doch wie kann man sich das nur dann richtig vorstellen, wenn es einmal erlebt hat. Kälte kann ganz schön wehtun!

An den meisten Tage erlebten wir Temperaturen zwischen -15 und -25 Grad Celsius. Das war aber eigentlich gar nicht so schlimm. Solange die Sonne schien und kein Wind wehte. An sonnigen Tagen war es sogar richtig schön. Aber wenn es wehte, konnte es sehr schnell sehr ungemütlich werden. An solchen Tagen wird die Arbeit meist unerträglich und man hofft das es bald Feierabend wird. Dicke Klamotten sind natürlich wichtig, aber was macht man mit den Händen und dem Gesicht? Die Arbeitshandschuhe waren oft zu dünn und das Gesicht schien einzufrieren. Man hatte manchmal das Gefühl man könne dem Kiefer nicht mehr richtig bewegen.

Mal wieder auf Fototour. Bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt

Die Feuchtigkeit beim Ausatmen reichte aus um den Bart gefrieren zu lassen. Man merkt es eigentlich gar nicht richtig, weil das ganze Gesicht irgendwie betäubt war. Zum Glück waren solche Tage aber eher selten.

Was aber wirklich wichtig war, waren ordentliche Schuhe! Man kann dort Winterschuhe kaufen , die halten sogar bei -70 Grad noch ordentlich warm (wenn ich mich richtig erinnere). Diese Schuhe waren riesig. Es bedarf ein wenig Übung damit vernünftig zu laufen oder zu arbeiten. Auto fahren ging auch irgendwie, aber auch nur gerade so.

Ein normaler Winterschuh neben einem aus Grönland.

Der Wind hat aber auch noch die blöde Angewohnheit alles glatt zu schleifen. Zum Beispiel die Straßen! Es gab Tage, an denen das Firmenauto einfach nur die Berge runterrutschte, sich ein paar Mal drehte und dann von einem Schneehaufen, einem Strommast oder ähnlichen gestoppt wurde. In so einer Situation sind wir halt einfach zu Fuß weiter gelaufen. Den Schlüssel ließen wir einfach stecken, so konnte sich der Chef später darum kümmern. Die Stadt ist halt nicht groß und man kann eigentlich alles zu Fuß erreichen.

Meterhoch kann der Schnee im Winter liegen

Geschneit hatte es natürlich auch. Schnee schippen war also nichts Ungewöhnliches. Aber Schneestürme sind etwas sehr Unangenehmes. Wenn man unterwegs war, und man sah dunkle Wolken aufziehen, so war ratsam zurück zur Stadt zu gehen. Das Wetter war sehr wechselhaft und in den Bergen konnte es gefährlich werden.

Einmal hatten wir einen Schneesturm in der Nacht. Am nächsten Morgen war die Haustür dermaßen ein geschneit, dass wir sie von innen nicht öffnen konnten. Das erstaunte aber niemanden so richtig und wir sprangen  alle aus dem Fenster.

Tag und Nacht

Im Februar waren die Tage noch sehr kurz. Wir fuhren im Dunkeln zur Arbeit und wenn wir gegen 18.00 Uhr nach Hause fuhren war schon wieder tiefste Nacht. In dieser Zeit konnten wir sehr häufig Nordlichter sehen. Leider existieren davon keine Bilder mehr. Es ist schon sehr beeindruckend wenn dar ganze Himmel grün leuchtet und pulsiert.

Sonnenuntergänge gab es ab Mitte April keine mehr zu sehen

Doch schon Ende März wurden die Tage so lang, das ich meist noch vor Sonnenuntergang ins Bett ging. Im April wurde es gar nicht mehr dunkel. Die Sonne schien rund um die Uhr und man konnte sehr schnell das Zeitgefühl verlieren. An einem Sonntag, der einzige freie Tag in der Woche, wachte ich morgens auf. Die Sonne schien kräftig und ich beschloss mal wieder auf Fototour zu gehen. Aber erst ein mal Wäsche waschen und gemütlich frühstücken. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch drei von meinen Kollegen in diesem Haus. Die Schalldämmung in den kleinen Holzhäusern war nicht wirklich gut. Die Waschmaschine polterte also vor sich hin, der Wasserkocher brodelte fröhlich und das Frühstück war fast fertig. Und dann fiel mein Blick auf die Wanduhr. Es war gerade mal 5 Uhr Morgens! Das erklärte jedenfalls meine Müdigkeit. Ich war froh das ich niemanden im Haus geweckt hatte.

Der Speiseplan

Wie im ersten Teil, schon geschrieben gab es viele dänische Lebensmittel, die sich von den deutschen gar nicht so sehr unterschieden. Allerdings probiere ich gerne auch mal andere Sachen, und wenn ich schon mal die Gelegenheit bekomme, was Exotisches zu essen, dann bin ich sofort mit dabei. Zum einen probierte ich Wal. Das war schrecklich. Fleisch, das nach Fisch und metallischer Leber schmeckt, geht gar nicht. Die Krabben waren dagegen ein super Snack. Kurz unter kaltem Wasser aufgetaut, kann man sie pulen und direkt essen. Auch hier in Norwegen esse ich sie immer noch gerne. Gelegentlich wurden wir vom Chef zum Essen eingeladen. Da gab es Jakobsmuscheln, Rentier, Moschusochse und Eisbär. Ja, Eisbär kann man essen. Ich kann mich leider nicht an den Geschmack erinnern, außer das es nicht schlecht schmeckte.

Es gibt auf Grönland zwar auch Jagdzeiten die eingehalten werden müssen, aber im Notfall darf man natürlich auf alles schießen. Ein Eisbär stellt natürlich eine große Bedrohung dar, doch angeblich sollen Jäger schon von Enten angegriffen worden seien. Klarer Fall von Notwehr.

Einmal waren wir in einem kleinen Laden, wo Jäger ihr Fleisch zum Verkauf anbieten. Normalerweise verkauft man dort Rentier, Moschusochsen und Robben. An diesem Tag lag dort ein großer Eisbär. Der Anblick war beeindruckend. Die riesigen Pfoten werde ich wohl nie vergessen, so nah kommt man nicht oft an so ein Tier.

Natürlich ist es traurig wenn so ein imposantes Tier sterben muss, aber gelegentlich laufen sie in die Stadt, und das ist sehr gefährlich.

Leider habe ich es versäumt traditionelle Gerichte der Inuit zu essen. Das bedaure ich sehr.

Apropos Jagen: Das durfte dort jeder. Man benötigt nur ein Gewehr und Munition. Wir waren auch einmal auf der Jagd. Dazu besorgten wir uns Waffen, ich konnte mir eine leihen, und dann gingen wir damit in den nächsten Supermarkt und kauften uns Munition. Es macht natürlich Sinn die Waffe mit in den Laden zu nehmen, denn man will doch nicht die falschen Patronen kaufen. Niemand störte sich daran. Es war das Normalste der Welt. Eine kleine Gruppe junger Männer betritt bewaffnet den Laden und niemand macht sich Sorgen.

Sisimiut auf der jagd

Ich habe die Grönländer als ein sehr friedliebendes Volk kennengelernt. Niemals schimpften sie. Sie schienen niemals sauer zu sein und ich habe nie gehört, dass sie jemanden beleidigten oder drohten. Wenn unser Chef einmal etwas strenger war und die Stimme heben musste, weil mal wieder nichts fertig wurde, so waren die Leute beleidigt und gingen nach Hause. Manchmal für mehrere Tage. Solche Menschen kommen gar nicht auf die Idee, dass man mit einem Gewehr einem anderen Menschen absichtlich schaden zufügen könnte.

Eigentlich wollten wir kleine Vögel jagen, fanden aber keine. In solchen Fällen kann man auch auf kleine Plastikflaschen schießen.  Obwohl mir die ganze Schießerei nicht so viel Spaß machte, hatte ich sogar ein paarmal getroffen. Doch viel lieber greife ich zur Kamera als zu einem Gewehr.

Sisimiut Grönland

Im nächsten Teil möchte ich etwas mehr auf die Leute eingehen die ich so getroffen habe. Aber auch noch ein wenig von meiner Erfahrung mit der Kultur der Inuit erzählen.

 

26 Kommentare

  1. Hui da fröstelts mich schon beim Bilder durchschauen ?
    Finds immer total spannend, wenn Leute solche Urlaube machen… ich bin zwar auch gerne auf Abenteuerurlaub, aber nur wenn das Thermometer über 20 Grad PLUS anzeigt ?

    Alles Liebe, Katii – Süchtig nach…

  2. haha, ja das scheitn schon eine wahnwitzige Idee, im Februar ausgerechnet nach Grönland zu reisen xD
    echt krass, dass es so kalt ist, dass einem die Härchen einfrieren und auch der Vergleich mit den Winterschuhen ist richtig heftig! das sind schon ganz andere Diemnsionen!

    danke für diesen spannenden Einblick!
    kommt gut in die neue Woche und liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von http://www.liebewasist.com

  3. Das klingt wieder super spannend.
    Aber ich glaube, hätte ich im Laden gestanden und drei Männer mit einer Waffe gesehen,
    ich wäre da nicht so entspannt geblieben.
    Ein witziges Völkchen!
    Wobei ich tatsächlich zum ersten Mal gelesen habe, das man Eisbären essen kann. ?

    Viele Grüße aus Singapur ?
    Michelle

    1. Vielen Dank. Fleisch mag ich heute auch nicht mehr sehen, aber damals war es halt normal. Auf Grönland gibt es nur sehr wenig Gemüse. Alles muss umständlich mit dem Schiff geliefert werden. Es ist teuer und meist nicht wirklich frisch. Die Inuit sind von Jagen und Fischen abhängig, denn es gibt keine Landwirtschaft. Allerdings sind sie nicht so gierig wie wir Europäer und schlachten gleich alles was ihnen vor die Flinte springt. 😉 LG Nico

  4. Hallo Nico,

    wow, das klingt echt nach einer tollen Reise und tollen Leuten. Ich muss sagen, mir wäre das einfach viel zu kalt. Wirklich viel zu kalt :D. Auch das Jagen würde mich abschrecken und wenn die Leute so mit Gewehren in einen Raum kämen hätte ich anfangs auch Angst. Aber so eine Eisbärenpfote mal zu sehen ist Wahnsinn.

    Viel Spaß noch und liebe Grüße
    Bea

  5. Wow, ausgerechnet im Winter nach Grönland ist etwas irre – aber auch wahnsinnig cool! Da bekommt man ja tatsächlich mal ungeschönt mit, wie es ist, dort zu leben und auch unter den harten Bedingungen klar zu kommen. -25 Grad kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen, wo ich doch hier immer schon bei Temperaturen um den Nullpunkt jammere. Super spannende Einblicke! Da ich gerade erst auf dem Blog gelandet bin, werde ich auch direkt mal Teil 1 und 2 noch lesen. 🙂

    Liebe Grüße
    Sarah

  6. Ein sehr sehr interessanter Bericht. Grönland ist ja nicht unbedingt als Top-Reiseziel unter Paschaltouristen bekannt ? Schade, dass du die regionales Leckereien nicht gegessen hast, hätte mich sehr interessiert, was dort so gegessen wird. Dann muss ich wohl selber mal hin reisen ?

    Gruß
    Henrik
    http://www.fernweh-koch.de

    1. Es gab leider keine Restaurants, nur Hamburger und so Zeug. Da müsste man schon von den Einheimischen eingeladen werden. Das würde ich zwar einmal, aber da würde nur getrunken. ?

  7. Das war wieder sehr spannend zu lesen. Danke, dass du uns an deinen Erfahrungen teilhaben lässt. Diese Kälte kann man wohl gar nicht so richtig nachvollziehen wenn man es nicht selbst erlebt hat. Der Vergleich mit den Schuhen ist wirklich krass aber zeigt auch die Relationen.

    Viele Grüße,
    Diana

  8. Toller Beitrag, die Bilder sind echt klasse. Schade, dass es von den Polarlichtern keine Bilder gibt. Ich würde sie so gerne mal sehen – also die Polarlichter. Allerdings bin ich sehr Temperaturempfindlich, bei diesen Temperaturen wäre ich nicht aus dem Haus zu kriegen.

    LG, Bea.

  9. Wow, das nenne ich mal extrem. Und wir machen uns hier in Mitteleuropa schon ins Hemd, wenn irgendwo eine Schneeflocke vom Himmel fällt. Tolle Erfahrungen in einem spannenden Land. Auch wenn es mir wahrscheinlich wirklich zu kalt und zu wenig Sonne wäre. Aber Erinnerungen, die bleiben. Großartig.

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