darktable: #6 Polarlichter im Vorgarten fotografieren

Neulich hatte ich mal wieder das Glück, ein paar Polarlichter fotografieren zu können. Man sieht sie zwar recht häufig um diese Jahreszeit, aber natürlich nur in der Nacht und nur ganz selten so intensiv. Im Norden Norwegens hat man da schon eher mal die Chance, die tanzenden Lichter zu sehen, aber in der Region um Trondheim lassen sie sich nicht so oft blicken. Wie man sie fotografieren kann und wie man sie mit darktable bearbeitet, darum soll es hier gehen.

auch dieses Nordlicht wurde mit darktable bearbeitet

Wie schon gesagt, man sieht sie nur Nachts und das kostet es mich eine Menge Überwindung noch mal raus zu gehen. Man sieht sie nicht immer, deshalb nutzt man Handy-Apps, die einen bei Nordlicht warnen. Man weiß dann ungefähr wann und wo welche zu sehen sein könnten. Es ist nicht ungewöhnlich, das man die Nordlichter erst auf den Fotos zu sehen bekommt, mit dem bloßen Augen erkennt man sie oft gar nicht.

Ich bin letztes Jahr bei Nordlichtwarnug durch tiefen Schnee, Dunkelheit und etwa -10 Grad über ein Feld gekrochen nur um ein paar von den Nordlichtern zusammen mit einer Kirche und ein paar Bergen zu fotografieren. Der Platz war super, aber die Nordlichter kamen nicht. Mich frustriert das alles nur.

Doch diesmal wurden wir von den Lichtern regelrecht überrascht und das direkt vor unserem Haus. Natürlich hätte ich jetzt wieder zu der Kirche fahren können, aber es war Freitag Abend und ich hatte es mir schon mit einem Glas Wein gemütlich gemacht. Also musste das Auto stehen bleiben.

Um das Haus herum habe ich schon sehr viele Motiv gefunden, also warum nicht auch ein mal ein paar Nordlichter knipsen? Kamera und Stativ standen griffbereit wie immer neben meinem Schreibtisch, die Batterie war zum Glück mehr als halb voll und das richtige Objektiv war noch vom letzten Sonnenuntergang montiert. Ich nutzte das Kit-Objektiv mit 18-55 Millimeter, weil es zur Zeit einfach mein weit-winkligstes Objektiv ist. Mit einer Anfangsblende von F/3.5 bei 18 mm ist es sicher nicht das lichstärkste Objektiv, aber es reichte locker aus.

Nachts zu fotografieren, gehört nicht so zu meinen Stärken. Die Herausforderungen liegen mal wieder in der Dynamik. Irgendwo steht immer eine Laterne, eine Scheinwerfer oder sonstige Lichtquelle. Der Unterschied zwischen Hell und Dunkel ist wesentlich grösser als am Tage. Man kann das zwar wunderbar als Gestaltungselement einsetzen, doch es bedarf schon etwas Erfahrung, wenn man es richtig machen will.

Kameraeinstellungen

Um die Nordlichter zu fotografieren, wollte ich eine möglichst kurz Verschlusszeit aber möglichst wenig Bildrauschen. Polarlichter bewegen sich permanent, ist die Verschlusszeit sehr lang, hat man den selben Effekt wie bei ziehend Wolken in der Langzeitbelichtung. Das kann natürlich auch toll aussehen, aber ich wollte die Struktur gerne behalten.

Die Verschlusszeit kann man, da die Blende eh schon weit geöffnet ist, nur durch das erhöhen des ISO-Wertes kurz halten. Allerdings hat das Konsequenzen für die Bildqualität. Bildrauschen entsteht in der Nachtfotografie schneller als einem lieb sein kann. Das Rauschen macht sich nun einmal am ehesten in den dunklen Bereichen sichtbar. Davon gibt es des Nachts mehr als genug im Bild. Man muss dabei aber bedenken, dass es immer bei solchen Bildern rauschen geben wird. Selbst bei ISO 100 sieht man wie es rauscht. Das ist aber in der Regel nicht so schlimm, denn Bildrauschen kann man in darktable recht gut entfernen.

Es ist also eine Gratwanderung zwischen zu dunklen oder verrauschten Bildern. Deshalb beginne ich mit ISO 1600, 4 Sekunden Verschlusszeit und einer Blendenöffnung von F/4.0. Das Ergebnis war ganz ok aber auf dem Display der Kamera war das Bildrauschen schon deutlich erkennbar. Deshalb ging ich runter auf ISO 800 und später sogar auf ISO 100, was natürlich eine länger Belichtungszeit voraussetzt. Das Nordlicht war zu dem Zeitpunkt allerdings auch viel schwächer, so das eine länger Verschlusszeit ohnehin nötig war. Es ist eben wie sonst auch in der Fotografie, man kann nicht pauschal sagen, wie man die Kamera einzustellen hat, da die Lichtsituation immer anders ist.

Empfehlenswert ist noch den Fokus auf manuell zu stellen, da der Autofokus in der Dunkelheit oft Probleme hat. Da man bei der Nordlichtfotografie eh in den Himmel, oder zumindest weiter weg stehende Objekte fokussiert, reicht es wenn man den Fokus auf Unendlich stellt. Die meisten Objektive haben dafür eine Markierung.

Den Weißabgleich stelle ich nie ein, lasse ihn immer auf Automatik. Im Allgemeinen erkennt die Kamera die richtige Farbtemperatur und ich muss nur ganz selten eingreifen. Da ich in RAW fotografiere, korrigiere ich das später am Rechner. Wer in JPG fotografiert sollte den Weißabgleich zumindest kontrollieren.  

Die richtige Farbtemperatur zu finden ist gar nicht mal so einfach bei Nachtaufnahmen, da alle Farben ganz anders aussehen und die Farbe Weiß gar nicht vorkommt. 

Bildaufbau

Der Bildaufbau spielt natürlich wie immer eine große Rolle, auch wenn man beim Fotografieren sehr durch das imposante Leuchten des Nordlichtes abgelenkt wird. Es gelten hier die gleichen Regeln wie in der Landschaftsfotografie oder bei Sonnenuntergängen üblich sind. Packt euch wenn möglich irgendetwas in den Vordergrund der sucht euch irgendein Objekt, dass dominant ist und ein wenig von Himmel ablenkt, dass macht das Bild wesentlich interessanter. 

Die Ausrüstung

Natürlich benötigt man eine Kamera. Dazu ein passendes Objektiv. Welche Brennweite man bevorzugt hängt natürlich von Vorhaben ab, aber möchte man möglichst viel vom Himmel auf dem Bild sehen, empfiehlt sich ein weitwinkliges Objektiv. Das Kit-Objektiv ist für den Anfang gar nicht so schlecht, auch wenn es eine extrem schlechten Ruf hat. Etwas offenblendigere Objektive sind aber sicher besser geeignet.

Das Stativ darf nicht fehlen. Dazu ein Fernauslöser, damit man erschütterungsfrei auslösen kann. Alternativ kann man auch den Selbstauslöser der Kamera verwenden. Möchte man aber länger als 30 Sekunden belichten, benötigt man auf jeden Fall einen Fernauslöser. Eine Taschenlampe ist auch ganz praktisch, da man die ganzen Knöpfe auf der Kamera im Dunkeln nicht immer so leicht findet. Extra Batterien für die Kamera sollte man auch noch dabei haben.

Warme Kleidung ist ganz wichtig. Nordlichter sieht man meist im Herbst und im Winter. Also sind Temperaturen unter Null völlig normal. Beim Fotografieren kann es sehr kalt werden, da man sehr viel rumsteht. Ich wurde von den Polarlichtern überrascht und so bin ich direkt vom Sofa vor das Haus gestürmt. In Sandalen. Auf leicht gefrorenen Rasen. Das war kalt und wenn mir Ina keine Jacke gebracht hätte, hätte ich richtig gefroren. Aber so ist das nun einmal, wenn man aufgeregt wie ein Kleinkind zu Weihnachten mit der Kamera ums Haus flitzt und sich nur auf das knipsen konzentriert. Nach zwei Stunden konnte ich meine Füsse kaum noch spüren.

Also gute Kleidung und feste warme Schuhe sind ganz sicher von Vorteil. Vor allem wenn man in der Natur unterwegs ist sollte man daran denken. Eine Thermoskanne mit Tee oder Kaffee ist auch immer gut dabei zuhaben.

Bearbeitung mit Darktable

Am nächsten Morgen mussten natürlich die Bilder schnellstmöglich auf den Rechner kopiert und gesichtet werden. Bei der Gelegenheit werden gleich ein paar Schlagworte vergeben. Darktable bietet die Funktion beim Import gleich mit an. 

Wir haben zufällig eine Baustelle nebenan, wo gerade in diesen Abend ein Bagger stand. Ein dankbares Fotomotiv und eine kleine Entschädigung für den Lärm der letzen Wochen. Der Bagger wurde beim Fotografieren mit einer Taschenlampe angestrahlt. Der Bildausschnitt ist nicht ganz optimal, aber im Dunkeln neben der Baugrube wollte ich auch kein Risiko eingehen. Man sollte das Glas Wein nicht vergessen, dass ich mir kurz vorher noch genehmigte. Außerdem hatte ich immer noch die Sandalen an. 

Zuschneiden und drehen

Zuerst schaue ich mir die Häuser genauer an und stelle fest, dass sie alle etwas schief sind. Senkrechte Linien sollten immer senkrecht sein und Waagerechte immer waagerecht. Das Modul „Perspektivekorrektur“ funktioniert hier leider nicht und deshalb greife ich zu dem Modul „Zuschneiden und drehen“. Das Modul kann das Bild fast automatisch drehen und zuschneiden, dazu sucht man sich nur eine senkrechte oder waagerechte Linie, klickt mit der rechten Maustaste auf diese Linie, hält die Taste gerückt und zieht den Mauszeiger entlang der Linie. Wenn man die Maustaste jetzt loslässt wird das Bild gerade gerückt. Wenn man nur sehr kurze Linien zur Verfügung hat, was das Ausrichten erschweren kann, kann man auch einfach in der Bild zoomen. Das war bei diesem Bild ebenfalls nötig.

Farbbereiche

Das Nordlicht erkennt man jetzt auf dem Bild eigentlich so gut wie gar nicht. Deshalb kommt das Modul „Farbbereiche“ zum Einsatz. Im Reiter Helligkeit ziehe ich die Kurve, im grünen Bereich, kräftig in den hellen Bereich. In der Sättigungskurve wird das Grün ordentlich gesättigt.

Im unteren Bereich der Moduls befindet sich ein Schieberegler mit der Beschriftung „einblenden“. Diesen Regler schiebe ich noch etwas nach rechts, um die Sättigung noch weiter zu erhöhen.

Farbkontraste

Das reicht natürlich noch lange nicht. Deshalb verwende ich nun das Modul „Farbkontraste„. Ich ziehe Regler „Grün/Magenta“ so weit nach rechts, bis das Grün deutlich sichtbar wird. Dadurch werden aber auch die Rot-Töne deutlich mit angehoben, was jetzt etwas merkwürdig aussieht.

Farbbereiche

Um das übersättigte Rot wieder in den Griff zu bekommen, verwende ich wieder das Modul „Farbbereiche„. Ich öffne eine weitere Instanz des Moduls und entsättige die roten Bereiche. Man kann dazu wie die Pipette verwenden, in dem sie einfach anklickt und dann eine betroffene Stelle im Bild markiert. Somit weiß man genau, welche Farbbereich behandelt werden soll. Die Helligkeit in den Bereichen ziehe ich auch gleich noch ein wenig nach unten.

Lokaler Kontrast

Um ein mehr Details zu bekommen, verwende ich das Modul „Lokaler Kontrast„. Ich ziehe die Spitzlichter im Modul runter. Die Schatten ziehe ich ebenfalls etwas runter, den Mittelbereich ziehe ich jedoch kräftig rauf. Dadurch bekommt das Bild so langsam die richtige Struktur.

Entrauschen

Das Bildrauschen ist bei der Bearbeitung natürlich deutlich sichtbar geworden. Ich verwende bei allen Bildern das Modul „Entrauschen(Profil)„. Darktable verwendet Rauschprofile für sehr viele Kameras. Wird eine Kamera richtig unterstützt, so kennt darktable die richtigen Einstellungen für das Entrauschen. Wenn nicht muss man leider selber Hand anlegen.

Ich schalte einfach noch das Modul „RAW-Entrauschen“ an und bin mit dem Ergebnis erst ein mal zufrieden. Entrauschen ist manchmal nicht ganz einfach, da beim hierbei sehr viele Information verloren gehen können. Deshalb muss man hier gelegentlich ein wenig mit den Einstellungen spielen.

Tonemapping 

So langsam bekommt das Bild die richtige Polarlichtstimmung. Allerdings ist mir der Himmel zu viel zu dunkel. Deshalb geht es jetzt mit dem Modul „Tonemapping“ weiter. Ich musste hier die „Kontrast-Kompression“ und die „räumliche Ausdehnung“ drastisch reduzieren. Weniger ist hier mehr! Das Bild wäre sonst zu hell und es würden viele Details verloren gehen. Eventuell muss zusätzlich das Entrauschen noch ein wenig reduziert werden.

Farbkontrast

Jetzt leuchtet der Himmel so wie ich es in Erinnerung habe. Eigentlich fehlt nur noch etwas Farbe im Arm des Baggers und auch die Häuser sehen noch nicht ganz Optimal aus. Deshalb bemühe ich noch einmal das Modul „Farbkontrast“ und ziehe den Regler „Blau/Gelb“ weiter nach rechts, bis ich mit den Farben zufrieden bin.

Damit wäre die Bearbeitung mit darktable auch schon abgeschlossen. Schaut man sich den unteren Rand des Baggerarmes an, so fällt eine hellgrüne Linie direkt auf. Solche Feinheiten erledige ich viel lieber mit dem Gimp, da darktable hierfür nicht die richtigen Werkzeuge mitbringt. Dazu vergrößere ich die Bildansicht auf 800% und verwende das Klonwerkzeug. Ich wähle einen weichen Pinsel, gehe mit der Pinseldeckkraft auf circa 80% und stempel vorsichtig die hellen Pixel entlang der Kante weg.

Es spielt bei darktable absolut keine Rolle, in welche Reihenfolge man die Module einsetzt. Ich gehe hier immer intuitiv vor. Das heißt ich erarbeite mir die Bilder so, dass ich ein „Problem“ nach dem nächsten abarbeite. Ich ein Bild unscharf, dann wird es geschärft. Ist es schief, so wird es gerade gerückt. Was mich am meisten stört, wird zuerst bearbeitet. Dadurch behalte ich den Überblick und meine Bearbeitungen sind alle reproduzierbar.

Wie immer ist die Anleitung nur eine von vielen Möglichkeiten, wie man das Bild hätte bearbeiten können. Es gibt einfach nicht die Lösung, sondern immer  verschiedene Lösungsansätze. Deshalb biete ich auch hier wieder das Bild zum download an und laden jeden ein, sich einmal an der Bearbeitung zu versuchen. Auch diesmal steht das Bild wieder unter Creative Commons (BY-NC-SA) und darf somit frei verwendet werden. Nur eine kommerzielle Verwendung ist untersagt. Ich bitte das zu respektieren. 

Das fertige Bild

Noch mehr Tipps zum Polarlicht fotografieren findet ihr bei:

 

Reisewut

Hometravelz

Wandkalender 2019 Russland oder Norwegen

Darktable: Die Dunkelkammer

darktable: RAW-Entwicklung #1 Abendstimmung

Schulterblick: Auf Pilzsuche Teil 1

 

5 Kommentare

  1. Wow, das sind ja wirklich eindrucksvolle Bilder! Ich hadere ja noch mit mir, ob ich irgendwann Polarlichter zu sehen bekomme, einerseits ist es mir in der Jahreszeit eigentlich zu kalt dort und andererseits ist ja auch nie gegeben, dass man dann Glück hat. Aber wenn ich sie doch mal sehen sollte und mich überwinde, dann werde ich auf jeden Fall auf deine Anleitung zurückkommen. Es ist wirklich erstaunlich, was du alles aus dem Bild herausgeholt hast!
    Liebe Grüße,
    Leni 🙂
    https:/www.sinnessuche.de

  2. WOW! Das sieht so toll aus. Ich glaube ich würde jeden Abend draußen stehen und schauen 🙂
    Die Polarlichter hat man ja auch schonmal bei uns in Österreich gesehen, aber nur in ganz abgeschwächter Farbe, ganz dezent. War aber auch schön 😉

  3. Das ist echt beeindruckend!
    Ich mag Eure Bilder immer sehr gerne und finde es toll wie sie bearbeitet werden, ich selbst hätte da wahrscheinlich gar nicht so die Ruhe für 🙂

    Liebe Grüße Sabrina

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