Drei Monate in Sisimiut (Grönland) – Erinnerungen an ein längst vergangenes Abenteuer – Teil 1

Es ist nun schon wieder 13 Jahre her. Doch jedes Jahr um diese Zeit erinnere ich mich wieder an diese Reise. Eigentlich war es keine richtige Reise sondern nur einer von vielen Jobs. Allerdings war dieser diesmal auf Grönland und sollte eigentlich 1 Jahr lang gehen. Auswärts zu arbeiten war ich gewohnt. Doch war ich selten länger als 3 Wochen unterwegs. Auch der Abstand zu Familie betrug im schlimmsten Fall 1000 km. Doch wie es dazu kam und was ich alles erleben durfte werde ich jetzt erzählen, bevor die Erinnerungen noch völlig verblassen.

Vorbereitung und Anreise 

Nach dem mein damaliger Arbeitgeber Konkurs anmelden musste war es natürlich an der Zeit für eine Veränderung. Wir sprachen vorher schon darüber irgendwann einmal auszuwandern. Gründe gab es viele. Kürzere Arbeitszeiten, einfacherer Lebensstil oder weniger Stress, doch rückblickend denke ich das es uns hauptsächlich darum ging etwas zu erleben. Denn das tut es auch heute noch. Andere Länder zu erkunden, andere Kulturen kennen zu lernen und andere Sprachen zu erlernen haben an ihren Reizen nichts verloren.

Nach dem ich also das erste Mal in meinem Leben arbeitslos wurde und ich eigentlich das erste mal überhaupt einen Job suchen musste, immerhin mit zarten 28, fingen wir an in verschiedenen Ländern nach Arbeit zu suchen. Das Internet im Jahre 2005 kann man mit dem heutigen kaum noch vergleichen. Die Möglichkeiten, die man heute hat gab es zu dieser Zeit noch nicht in diesem Ausmaß. Es war natürlich wieder Ina die ein interessantes Job-Angebot fand. Guter Lohn, gute Unterkunft und die Arbeit war auch nicht so schlecht. Aber auf Grönland! Für ein ganzes Jahr!

sisimiut Grönland häuser
Ein paar typische Häuser auf Grönland

 

Mir wurde schon ein wenig mulmig. Davon zu reden und es dann wirklich zu tun sind zwei völlig verschiedene Sachen. Ich sollte also für eine lange Zeit von meiner Familie getrennt sein, mir alles anschauen und entscheiden ob man da auch mit Familie leben kann. Auswandern kann jeder, aber nach Grönland ist schon sehr speziell.

Von jetzt an ging alles sehr schnell. Ich hatte nur ein paar Tage Zeit um alles zu erledigen was noch zu erledigen war. Ich deckte mich ordentlich mit Wintersachen ein, packte meine Arbeitsklamotten ein und die Kamera und der Laptop mussten natürlich auch noch mit.

 

Erster Flug nach Sisimiut (Grönland)

Ich sollte fliegen! Zum allerersten Mal. Alleine das war schon aufregend damals. Heute kann ich darüber nur noch schmunzeln.  Die Reise begann am Flughafen in Billund in Dänemark. Es machte nicht viel Sinn mit dem eigenen Auto zum Flughafen zu fahren, also wurde ich von meinem Schwiegervater gefahren. Man munkelt man solle zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen sein, wie die alten Leute aber manchmal so sind, waren wir früher dort. Sehr viel früher!

Nach einigen Stunden warten ging es dann endlich los. Von Billund nach Kopenhagen. Von dort aus flog ich dann nach Kangerlussuaq. Stell dir vor du bist gerade einmal 28 Jahre jung, bist mutterseelenallein in der Fremde, verstehst die Sprache nicht, hast keine Ahnung wie so ein Flughafen funktioniert und sollst dann in Kopenhagen den Flieger wechseln.

Das war Aufregung pur! Also ganz allein war dann doch nicht. In Billund traf ich einen zukünftigen Kollegen der zu dem Zeitpunkt schon ein Jahr auf Grönland lebte.

Der Flug nach Kangerlussuaq ist schnell beschrieben. Er was langweilig. Wir waren circa 5 Stunden unterwegs und was soll in einem Flugzeug schon aufregendes passieren?

Das sollte ich an diesem Tag aber noch herausfinden.

Kangerlussuaq ist ein ehemaliger amerikanischer Militärstützpunkt und der einzige Flughafen, der das ganze Jahr erreichbar ist. Die einzigen Flieger, die die Insel anfliegen kommen aus Kopenhagen und aus Reykjavík. Es leben hier gerade einmal 540 Menschen, aber es gibt mehrere Übernachtungsmöglichkeiten und sogar ein Museum. Doch für solche Details hatte ich zu diesem Zeitpunkt wenig Interesse, denn es ging schon bald weiter nach Sisimiut Grönland.

Das Flugzeug, das ich jetzt besteigen sollte, unterschied sich gewaltig von der großen Boing, in der ich mich vor wenigen Stunden noch langweilte. Diese Flugzeug war winzig! Gerade einmal eine handvoll Leute hatten darin Platz und ich konnte sogar den Piloten beim Fliegen beobachten.

Der Flug dauerte nicht so lange, vielleicht eine halbe Stunde oder etwas mehr. Aber diesen Flug werde ich nicht vergessen.

Kleine Flugzeuge haben nämlich einen ganz gewaltigen Nachteil gegenüber den großen Maschinen. Bei Wind fangen sie heftig an zu wackeln!

Anfang Februar wird man auf Grönland kaum einen Tag ohne Wind finden, warum sollte also ausgerechnet dieser Tag windstill sein. Wir gerieten also in Turbolenzen und mir wurde so richtig schlecht! Es sollte nicht das letzte Mal sein, wie sich Jahre später herausstellte.

Zum Glück war Sisimiut schon in Sichtweite und der Pilot setzte zur Landung an. Die Räder fuhren schon aus und die Landebahn war schon zu erkennen.  Es sollte also kein Problem sein noch ein paar Augenblicke durchzuhalten. Tief durchatmen und abwarten. Doch was dann geschah gab mir den Rest. Der Pilot machte eine Durchsage, die ich natürlich nicht verstand und das Flugzeug flog wieder nach oben. Dann flogen wir, vom Wind kräftig gebeutelt, noch ein paar Runden um Sisimiut herum, bis wir eine eine halbe Ewigkeit später endlich landeten. Jedes Mal wenn ich diese weißen Papiertüten in einem Flugzeug sehe erinnere ich mich an diesen Flug. Als das kleine Flugzeug auf dem Asphalt aufsetzte klatschten die alle Leute Beifall. Ich klatschte vermutlich am lautesten.

Der Flughafen von Sisimiut war klein, genau genommen winzig. Daher war es auch nicht verwunderlich das unser Chef uns sofort fand und wir direkt mit dem Auto weiter fahren konnten.

Es war Winter. Links und rechts der Straße war der Schnee circa 1,5 Meter hoch. Die Straße war komplett schneebedeckt. Das erstaunte mich schon sehr, war ich doch die Straßen in Deutschland gewohnt. Doch keiner störte sich daran und wir fuhren sogar ziemlich schnell.

Wir fuhren also im Dunkeln zu einem Haus mitten in der Stadt, wo ich nach der Begrüßung und ein wenig Smalltalk  ein Zimmer bekam, das ich die nächsten Tage bewohnen sollte. Keine Ahnung wie viele Stunden ich schon auf den Beinen war. Die Zeitumstellung war schon etwas merkwürdiges. Ausgepackt hatte ich jedenfalls nichts mehr, denn nach all den Aufregungen des Tages muss ich wohl sehr schnell eingeschlafen sein.

Anmerkung zu den Bildern dieser Serie: Die Fotos sind eben aus dieser Zeit, also mittlerweile schon 13 Jahre alt. Damals waren die Kameras bei weiten nicht so leistungsfähig wie die heutigen Kameras. Dazu kommt das ich damals noch ganz am Anfang stand und noch sehr wenig Wissen und Erfahrung in der Fotografie hatte. Das spiegelt sich natürlich alles in der Qualität wieder. Aber es sind die einzigen Bilder die ich habe und ich finde es spannend wie sich meine eigenen Bilder in den letzten Jahren verändert haben. Mal sehen wie ich in 13 Jahren über meine heutigen Bilder denke.

 

36 Kommentare

  1. das klingt und schaut nach einem wahnsinns Job, bzw. einer eben so tollen Reise aus! allein die Fotos sind ja wirklich der Hammer ?

    Grönland steht nun nicht unbedingt on top meiner Reiseliste, aber schaut schon echt schön aus und für einen Job ist das natürlich sowieso nochmal was anderes ?

    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von http://www.liebewasist.com

  2. Was eine wunderschöne Fotokulisse! In mir kribbelt die Aufregung richtig im Bauch wenn ich deinen Text nur lese. Genau so eine Zukunft wünsche ich mir irgendwann ?

    1. Er war ja alleine da ohne Familie ;-). Nein auch in Grönland gibts Kinder und das nicht mal wenige ;-), schreibt Nico bestimmt noch mehr drüber.

      Lg Ina

  3. Also ich finde die Fotos richtig toll 🙂 Sieht nach einem richtigen Winter Wunderland aus. Mir gefällt dein Blog richtig gut, vor allem der Bereich in dem es um Reisefotografie geht. Da kann ich noch einiges lernen…Danke dir! 🙂

  4. Grönland ist großartig! Ich möchte so gern einmal dorthin obwohl ich Kälte gar nicht so mag. Aber es gehört für mich zu den Regionen der Erde, die noch mit am unberührtesten sind. Hier kann man die Natur noch spüren und vor allem das möchte ich noch einmal erleben <3

  5. Klingt nach einem Abenteuer. Aber genau so stand ich vor der Entscheidung für ein halbes Jahr nach Singapur zu gehen. Komplett alleine, neuer Kontinent und ganz anderes Klima.
    Gott sei Dank hatte ich bisher noch keinen solchen „Höllenflug“, wie dein letzter.
    Aber so hast du immer was zu erzähen :’D

    Die Bilder finde ich trotzdem sehr schön, mir gefällt das mit den kleinen bunten Häusern im Schnee ?

    Liebe Grüße aus Singapur!
    Michelle

  6. Was für ein Abenteuer! Ich bin gespannt, wie es weiterging. Und die Bilder dazu. Richtig schön. Auch wenn diese schon 13 Jahre alt sind. Ich finde das sieht man nicht unbedingt! ?
    Außerdem konnte ich bei der Beschreibung des Fluges in dem Miniflugzeug nach Sisimiut genau mitfühlen wie es dir erging. Da ich dieses Gefühl nur zu gut kenne. Daher fliege ich auch total ungerne mit so kleinen Flieger. So ein A380 ist mir da schon lieber, da merkt man ja nicht unbedingt jeden kleinen Wackler. ?

    Liebe Grüße,
    Isabel

  7. Sooo schlecht sind die Fotos ja nun auch nicht … da hast Du aber ein wenig tiefgestapelt ?
    Grönland steht auch immer noch auf meiner Reise-Bucket-List, irgendwann klappt es mal. Ich hoffe, Du schreibst noch ein wenig mehr über Land und Leute und Deine Erlebnisse dort!

    1. Naja, ich bin mit knapp 1000 Bildern zurück gekommen. Davon sind nur eine Handvoll brauchbar. Sie sind unscharf, verwackelt, stark verrauscht oder einfach nur langweilig. ? Die wirklich schlechten Bilder werde ich aber nicht zeigen. Das sind circa 960 Fotos.

  8. Lieber Nico,
    ein wirklich toller Bericht und wunderschöne Fotos! In Grönland zu arbeiten ist bestimmt eine sehr mutige Entscheidung gewesen. Macht sich auf jeden Fall gut im Lebenslauf und war sicherlich eine sehr prägende Erfahrung.
    Liebe Grüße

    Alex

  9. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Tei! Die Bilder finde ich ganz toll, auch wenn sie älter sind, laden sie zum Träumen ein! ALlerdings 1,5m hohen Schnee, ich weiß ja nicht ob ich da „Urlaub“ machen wollen würde 🙂 bin eher der Sommermensch, aber es sieht toll aus! Ich überlege mal…

    1. Das hab ich heute schon öfter gelesen. Wenn man sie die Bilder etwas größer anschaut, fallen die Fehler deutlich auf. Der Fokus stimmt nicht, sie Rauschen und oft sind auch noch verwackelt. Ich bin da vermutlich einfach nur pingelig. ?
      LG Nico

  10. Wow, was für eine gigantische Erfahrung. Das sind die Dinge im Leben, die es erst lebenswert machen. Das Licht auf den Bildern sieht übrigens irgendwie total magisch aus ?

  11. Ich liebe eure Beiträge … tolle Seite! Grönland stand noch nie auf meiner Wunschliste … ich mag ja die Kälte nicht besonders. Aber alleine schon deine Fotos machen Lust diese Destination auf meine Wunschliste zu setzen. Vielen Dank!

    Liebe Grüße
    Verena

  12. Ich hab von Grönland selbst noch nicht viel gehört. Die Bilder sind ja der Hammer! Ich bin ganz begeistert. Danke für die Vorstellung und den Bericht.

    LG, Bea.

  13. Lieber Nico,

    Der erste Flug, und das gleich nach Grönland! Toll, und dazu gehört schon ein gehöriges Quentchen Mut. Ich hoffe, da folgt noch mehr über Dein Leben in Grönland, denn das ist ein Traumreiseziel für uns. Bin schon gespannt.

    Liebe Grüße,
    Monika

  14. Ein mutiger Schritt und ein regelrechtes Abenteurer zu der Zeit damals kann ich mir vorstellen. Grönland muss toll sein ich hab schon 2x überlegt von Island aus rüber zu fliegen, hab es dann aber aus Zeitmangekl wieder verworfen. Bin gespannt wie es weiter geht. Interessant auch die Fotos der damaligen Zeit zu sehen und die ENtwicklung die sie im Laufe der Jahre genommen haben. Aber das geht wohl jedem so …

  15. In Grönland zu arbeiten und zu leben, da gehört einiges dazu. Respekt! Diesen großen Schritt zu wagen. Wäre mir wahrscheinlich viel zu kalt. Doch sehen möchte ich es auch irgendwann mal. Tolle Fotos im Übrigen.
    Liebe Grüße, Selda.

  16. Solche persönliche, private Geschichten sind immer die schönsten und die spannendsten. Ich finde die Bilder wunderschön, auch wenn du schreibst, dass die Qualität nicht so toll ist. Das Einzige, was mich abhalten würde, die Stadt zu besuchen, ist vermutlich die Kälte.

  17. Ich finde diesen Entschluss, den du damals gefasst hast, sehr mutig. Ich glaube ich hätte das mit Ende 20 nicht gewagt. Und würde es wohl heute auch nicht wagen. Aber spannend ist es allemal und ich finde es super, dass du uns an diesen Erfahrungen teilhaben lässt.

    Viele Grüße,
    Diana

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