Papas kleine Fotoschule

Ich gebe zu, der Titel ist nicht wirklich der Bringer und vielleicht werde ich den später auch noch ändern, aber jetzt im Augenblick möchte ich mich lieber auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren. Das Kind möchte das Fotografieren erlernen!

Ich möchte aber vorneweg erst einmal ein wenig über das Kind erzählen, denn ich denke das diese Geschichte nicht nur interessant ist, sondern erklärt auch viele meiner Überlegungen.

Ein Waschbär
Waschbär

Gerade jetzt befindet sie sich in der Psychiatrie und ist mit irgendwelchen Therapien beschäftigt. Sie ist aufgeregt, weil sie in ein paar Tagen entlassen wird und dann in die Tagesklinik wechselt.

Noch vor 3 Jahren war sie ein ganz „normales Kind“(was heißt schon normal), mit einer Lese/Rechtschreibschwäche, heute hat sie einen Schwerbehindertenausweis.

Sie bekam Epilepsie, was ihr Leben von Heute auf Morgen umkrempelte und sie musste mit vielen Einschränkungen zurecht kommen. Dazu stellten sich mehr und mehr schulische Probleme heraus,

In unserem Beitrag über die Waldorfschulen haben wir von ihren schulischen Erfahrungen berichtet. Heute wissen wir, dass sie nicht nur mit einer Legasthenie zu kämpfen hat, sondern auch eine Lernbehinderung hat.

In der besagten Schule kam es später zu heftigen Mobbing, unter anderem durch ihre damals beste Freundin. All das wird für jede/n irgendwann zuviel und so kam es das sie anfing sich selbst zu verletzen und noch andere Probleme kamen hinzu. Eine ambulante Psychotherapie war dann nicht mehr ausreichend und so kam sie vor fast 8 Wochen in die stationäre Therapie der Kinder und Jugendpsychiatrie.

Teil des Zecherpaar-Sprinbrunnens in Görlitz.
Das Zecherpaar. Springbrunnen in Görlitz

Ich möchte hier gar nicht so weit auf dieses Thema eingehen. Ich überlege einen extra Beitrag zu schreiben, in dem ich viel ausführlicher darüber berichten möchte. Psychische Krankheiten sind in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabuthema, das gilt ganz besonders wenn Kinder betroffen sind. Deshalb möchten wir ganz offen unsere Erfahrungen teilen. Vielleicht können wir anderen Eltern Mut machen oder sogar für einen Austausch sorgen. Diese Einleitung dient nur dazu, um zu verstehen, was wir beide hier eigentlich veranstalten. Ich möchte hier eine Art Tagebuch führen, wo ich einfach nur schreiben möchte, mit was wir uns gerade in der Fotografie beschäftigen und wie es funktionierte.

2020 hatten wir schon einmal begonnen zu fotografieren. Sie war richtig talentiert und machte wirklich schöne Bilder. Die Fotos hier stammen allesamt vom Kind aus dieser Zeit.

Allerdings bin ich kein Pädagoge, sondern eher ein Nerd, der das arme Kind mit Wissen vollpumpte, bei dem selbst Menschen ohne Lernbehinderung die Augen verdreht hätten. Ich hatte das Kind gnadenlos überfordert und merkte es nicht einmal. Klar dass sie ganz schnell die Lust verlor. Um so mehr freute ich mich, dass sie vor ein paar Wochen wieder Lust darauf hatte zu fotografieren.

Das passierte kurz bevor sie in die Klinik kam, also zu einem Zeitpunkt, als es ihr gar nicht gut ging. Die Wochenenden in dieser Therapiezeit haben nicht viel mit Freizeit zu tun. Die ganze Familie wird eingespannt und man bekommt Aufgaben, die auf das Kind zugeschnitten sind. Dazu gehörte unter anderem das man bewusst Zeit sinnvoll mit einander verbringt. Da war die Fotografie natürlich eine sehr gute Möglichkeit, von der wir beide etwas hatten.

Diesmal mache ich es besser

Aber wie stellt man das an? Einfach nur irgendwas knipsen? Hauptsache wir verbringen Zeit miteinander? Oder doch eher ein Fotokurs, bei dem ich ihr die Fotografie näherbringe, aber die Gefahr besteht, dass ich sie wieder überfordere?

Ein Exotischer Vogel beim Fressen. Ihm kleben viele Körner am Schnabel
Heißhunger

Manchmal macht man sich aber auch einfach zu viele Gedanken und es stellte sich heraus, dass das Kind ganz andere Ideen und Vorstellungen hat. Dazu aber mehr in den einzelnen Berichten.

Allerdings war mir von Anfang an klar, dass es nicht ohne Vorbereitung geht. Das bedeut das ich mir ein Thema aussuche und wir uns dann nur auf dieses eine Thema konzentrieren. Es besteht kein Zwang und ich werde sie nicht lenken, sondern nur Hilfestellung geben. Ziel soll es sein, dass sie irgendwann selbstständig schöne Bilder macht, aber in erster Linie das sie Spaß hat und mehr Selbstvertrauen aufbaut.

Eigentlich sollte sie mit meiner alten Sony-Kamera fotografieren, aber die ist leider gestern kaputt gegangen. Nach etwa 12 Jahren hat sie sich jetzt komplett verabschiedet. Deshalb wird sie ab nächster Woche mit einer größeren Sony arbeiten, die meiner Kamera sehr ähnlich ist. Die Ausrüstung ist streng limitiert. Wir rennen nicht wie früher mit einem Sack voller Objektive los, sondern beschränken uns auf ein Einziges. Wir beide nutzen dann die selben oder zumindest ähnliche Objektive und auch die Kameraeinstellungen sind identisch. Zu viel Krempel lenkt nur unnötig ab und gerade Anfänger haben meistens das Gefühl, dass andere Objektive viel besser sind und man generell das falsche Objektiv auf der Kamera hat. Deshalb lege ich mich auf ein Objektiv fest.

Reife Kastanien an einem Baum
Kastanien im Herbst

Die Bilder werden auf ihrem Laptop gespeichert und eigentlich sollte das Programm Shotwell zum Einsatz kommen. Shotwell ist eine Fotoverwaltung, die einfach zu bedienen ist und ganz einfache Werkzeuge zur Bearbeitung bietet. Auch hier hatte das Kind ganz andere Vorstellungen, die noch einiges von mir abverlangen werden. Aber das ist nun einmal meine Aufgabe, also Augen zu und durch.

Mehr gibt es erst einmal nicht zu erklären. Neue Berichte erscheinen in Zukunft immer unmittelbar nach einer Foto-Tour, oder wenn sonst irgendwas spannendes passiert. Ich bin wirklich gespannt, wo diese Reise hingeht. Ich bin mir sicher, das wir beide davon profitieren werden und vielleicht können wir sonst noch jemanden diese tolle Hobby näher bringen.

Hilfe für Betroffene

Sollte ihr oder ein Angehöriger sich aktuell in einer psychischen Krise befinden, könnt ihr hier Hilfe finden:

  • zum Arzt gehen oder ihn anrufen
  • Kontakt mit einer Klinik mit psychiatrischer Abteilung aufnehmen
  • Kontakt mit dem ärztlichen (psychiatrischen) Bereitschaftsdienst (bundesweite Tel.: 116 117) aufnehmen
  • sich an ein Hilfs- bzw. Beratungsangebot für akute Krisensituationen wenden.

Folgende Stellen bieten Hilfe an:

  • Telefonseelsorge, anonyme, kostenlose Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit unter den bundesweiten Telefonnummern (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222
  • Kinder- und Jugendtelefon, „Nummer gegen Kummer“, kostenlose Beratung von Mo. bis Sa. 14-20 Uhr unter der Telefonnummer 116 111 (Kinder- und Jugendtelefon) oder montags bis freitags von 9 bis 11 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr unter der Telefonnummer (0800) 111 05 50 (Elterntelefon)

2 Kommentare

  1. Große Klasse! Ihr habt meinen größten Respekt, wie Ihr die Sache meistert! Das Fotoprojekt finde ich sehr spannend und freue ich schon auf Eure Bilder! Alle guten Wünsche für Euch und liebe Grüße, Anne

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