Schulterblick: Ein paar Gedanken zur Fotografie

Diesen Monat startet wieder die photokina. Wie gewohnt überschlagen sich die Hersteller mit vermeintlich tollen Innovationen und im Netz wird mal wieder über technische Details diskutiert, die eigentlich keinen Menschen wirklich interessieren. Ein paar Konservative beugen sie der Moderne und verkaufen plötzlich spiegellose Kameras, vergessen aber passende Objektive mit anzubieten. Das ist nicht schlimm, dann legt man halt einfach einen Adapter mit in die Packung. Hersteller von Smartphones bilden sich ein, sie können Kameras produzieren und Objektivhersteller überraschen mit *Trommelwirbel* Objektiven

Das Klingt jetzt alles ein wenig negativ, aber zur Zeit kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Kameras werden mit Funktionen ausgestattet, bei denen mir, aus Mangel an Fantasie, nicht einfällt, was ich damit eigentlich soll. Es wird Objektive geben, die neben dem Fokusring und dem Zoomring noch einen dritten Ring bieten. Dieser Stellring ist dann frei konfigurierbar. Die einzige Funktion die mir hier Sinnvoll erscheint, ist den Ring als Blendenring einzusetzen. Der Preis solcher Objektive ist mehr als fragwürdig. Ein 50 mm bei F/1.2 soll schlappe 2500€ kosten. Es gibt seit Jahrzehnten sehr gute 50 mm Objektive, die alle samt lichtstark und knack-scharf sind. Außerdem sind sie in der Regel extrem günstig zu haben.

Ich habe immer mehr das Gefühl, die Hersteller verkaufen einem Saurons Ring, mit ihren proprietären Anschlüssen. Die Marketingabteilungen arbeiten auf Hochtouren und der brave Konsument jubelt.

Aber wo bleiben eigentlich die wirklichen Innovationen? Der Megapixelwahn ist immer noch nicht überwunden, dafür gibt es jetzt aber Touchscreen, damit man die Kamera besser bedienen kann. Weil man nämlich immer akute Probleme mit der Bedienung hatte und ein Touchscreen die absolute Erlösung darstellt. Liebe Hersteller, schaut doch mal bitte durch den Sucher eurer Kameras und fummelt gleichzeitig an euren Touchscreens herum und erklärt mir dann bitte wie mir das beim Fotografieren helfen soll. 

Der Autofokus wir immer schneller und es gibt immer mehr Fokuspunkte. Das ist ganz toll. Mittlerweile benötige ich mehr Zeit für das einstellen des Autofokus, als wenn ich mal eben manuell fokussiere. Bei meinen vorherigen Kameras hatte ich nur sehr selten manuell fokussiert. Das war gar nicht nötig. ich konnte einstellen, ob der Fokus links, rechts oder mittig liegen soll. Das reichte völlig aus. Jetzt habe ich einen 4D-Autofokus, der mehr Aufmerksamkeit fordert als mir lieb ist.  

Was bringen uns diese sagenhaften Neuerungen eigentlich?

Anfang des Jahres erlebten wir einen unglaublichen Hype rund um die neue Sony a7 III. Da war was los. In den Foren konnte man plötzlich massenweise gebrauchte Sony a7II kaufen, denn dieses Vorgängermodell war von nun an unbrauchbar. Etwas ähnliches erleben wir natürlich auch bei anderen Kameraherstellern  und ganz besonders bei Produkten die mit einem angebissenen Obst gekennzeichnet sind. 

Doch was genau hat sich seit dem eigentlich verändert? Nichts! Egal auf welcher Platform, es werden immer noch überall die gleichen Bilder gezeigt. Kein einziges Bild, was mich zum Kauf einer solchen Kamera verleitet hätte. Nicht das die Bilder schlecht wären, aber das was ich bis jetzt gesehen habe, hätte man auch mit jeder anderen Kamera machen können.

Ich muss aber zugeben, dass ich gerade sehr unfair bin. Die Kameras heutzutage liefern alle samt eine unglaublich hohe Qualität. Egal welcher Hersteller, egal ob dslr oder Spiegellos, die Kameras sind alle erstklassig! Heute eine Kamera zu produzieren, die sich von der Masse abhebt, ist alles andere als einfach. Allerdings sollte man nie vergessen, dass der Fotograf immer noch die Bilder macht und nicht irgendeine Werbeagentur. 

Was wir zur Zeit erleben ist im besten Fall nur noch eine Evolution. Es entwickelt sich halt irgendwie weiter. Das ist eigentlich nichts Schlechtes, wenn man nicht versuchen würde das Rad jedesmal neu zu erfinden und dann so zutun, als wäre man revolutionär. Spiegellose Kameras gibt es jetzt schon seit mehr als 5 Jahren. Kameras mit halbtransparenten Spiegeln sogar noch länger. Vor etwa 8 Jahren war ich schon mit einem digitalen Sucher unterwegs. Hersteller, die das erst 2018 anbieten, haben es einfach verschlafen. Man wollte sich halt auf der bestehenden Kundschaft ausruhen. Dummerweise sind viele Kunden weiter gezogen. Da musste man einfach irgendwie reagieren.

Was ich mir wünschen würde:

Zu erst einmal empfinde ich es immer mehr als eine Katastrophe, dass jeder Hersteller mit einem anderen Objektivanschluss daherkommt. Meist haben die sogar gleich zwei oder mehr Anschlüsse im Angebot. Sony  zum Beispiel mit mit dem A-Mount und dem E-Mount. Was soll der Quatsch? Hat man sich erstmal ein paar Objektive zugelegt, wird man nur sehr wiederwillig auf ein anderes System wechseln. Doch was passiert, wenn der Hersteller ein System plötzlich abstößt?  Meine Kamera hat einen Sony A-Mount und in der Produktpalette sind diese Kameras immer weniger vertreten. Das bereitet mir schon etwas Sorgen.

Aber auch bei Canon oder Nikon ist einiges im Wandel. Wer weiß schon, wie lange die Spiegelreflexkameras noch produziert werden und somit irgendwann zu einem anderen System wechseln muss. So ein Wechsel ist immer mit viel Geld verbunden. Schließlich kauft man nicht nur eine neue Kamera, sondern benötigt auch noch neue Linsen und eine Menge anderen Kram.

Klar, man kann mit Adaptern die Linsen auch an anderen Kameras verwenden. Doch sind digitale Adapter nicht wirklich billig und oft scheint es auch noch Probleme mit dem Autofokus oder der Geschwindigkeit zugeben. Möchte man zum Beispiel bei Sony Objektive die auf einen A-Mount passen, an einer Kamera mit E-Mount verwenden, so empfiehlt Sony einen Adapter, der mal eben 620€ kostet. Meine Kamera kostet etwa 500€! Also deutlich weniger als der kleine Ring mit den paar Anschlüssen. Warum?

Hier ist Nachhaltigkeit angesagt! Analoge Objektive liefern oftmals immer noch sehr gute Qualität. Sie sind nicht selten mehrere Jahrzehnte alt, aber immer noch einsetzbar. Doch mit Nachhaltigkeit verdient man leider kein Geld. 

Was ich mir auch noch wünschen würde, wäre eine kleinere Produktpalette, dafür aber eine bessere Produktpflege. Was nutzt es mir, wenn der Herstelle gefühlte 50 Geräte verkauft, aber nur die Flaggschiffe mit Softwareupdates versorgt werden und die „kleinern“ Modelle mit viel weniger Zubehör auskommen müssen. Für meine a68 hab ich zum Beispiel immer noch keinen Batteriegriff gesehen.

Ich bin mit Sicherheit kein Technik-Muffel. Im Gegenteil, ich steh auf neues Spielzeug. Doch die aktuelle Entwicklung bringt die Fotografie nicht wirklich weiter. Die Sensoren sind wirklich ausgereift, die Optiken nahezu fehlerfrei, gute Stabilisatoren lassen uns sogar bei Erdbeben zuverlässig fotografieren, was will man denn mehr? 

Wir beschäftigen uns viel zu sehr mit der Technik, was aber auch kein Wunder ist, wenn sie sich so penetrant in den Vordergrund drängt.

Fotografieren hat mit Erfahrung, Kreativität und Gefühl zu tun. Das kann man nicht kaufen, das muss man sich erarbeiten. Ich habe neulich ein paar alte analoge Sportfotografien gesehen, die so einiges in den Schatten stellten, was man sonst so zu sehen bekommt. Wenn man bedenkt wie limitiert die damalige Technik war, dann kann man ruhig mal den heutigen Stand hinterfragen. 

Die Bilder hier sind allesamt letztes Wochenende entstanden. Sie haben so rein gar nichts mit dem Thema zu tun, aber ohne Bild geht es nun mal auch nicht. 

Was ist denn deine Meinung dazu? Schreib es gerne in die Kommentare!

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5 Kommentare

  1. wirklich spannend lieber Nico, deine Gedanken um dieses Thema zu lesen! was die Kameras an Smartphones angeht, bin ich ganz bei dir … das ist eben keine wirkliche Kamera, sondern eher was für schnelle Schnappschüsse! mittlerweile gibt es ja sogar Objektive zum aufsetzen dafür 😉

    und auch was die Objektive für Kameras im Allgemeinen angeht, kann ich deinem Gedanken nur zustimmen! wie genial wäre es, wenn einfach jeden Objektiv mit jeder Kamera kombinierbar wäre 😀

    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von liebewasist.com
    Liebe was ist auf Instagram

  2. Liebe Ina

    Mal als erstes ein Lob an die Bilder, die sehen einfach so schön aus!

    Ich habe Deinen Bericht sehr gerne gelesen und muss sagen, dass vieles von den Marken verwirrend ist, puh… da muss man Profi sein um den Durchblick zu erhalten!

    Du hast das aber echt super beschrieben, danke Dir!

    Hab einen schönen Tag!

    xoxo
    Jacqueline

  3. Huhu,

    ich habe mittlerweile meine Digitalkamera verkauft, da ich gemerkt habe, das ich die meisten Fotos nunmal mit dem Handy schieße. Natürlich gibt es richtig gute Kameras die sogar mit dem Handy nicht mithalten können, aber diese muss man sich auch erstmal leisten können. Wenn man natürlich als Fotograf arbeitet etc ist eine „richtige“ Kamera unabdingbar. Ich wünschte auch, es würde ein Objektiv für jede Kamera geben, das würde vieles leichter machen.

    Lg
    Steffi

  4. Ein interessanter Beitrag, der alle Blogger etwas angehen sollte.
    Ich habe mir eine Systemkamera gekauft. Bisher bin ich noch nicht so ganz zufrieden damit.
    Mal sehen ob ich mir irgendwann eine zweite Kamera anlege. Spiegelreflex finde ich schon toll. Nur leider sind die guten relativ teuer…
    Super schöne Bilder übrigens! 🙂

    Liebe Grüße
    Julia von https://www.fashion-stoff.de/

  5. Toller Bericht! Es ist verwirrend was zur Zeit auf dem Markt angeboten wird. Und ihr sprecht es aus, es geht doch um Fotografie, Kreativität und Spaß, und das ist doch was uns und das Bild ausmacht.

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