Aus 19 mach 11-Norwegen reformiert sich

Am Morgen des 01.01.2020 sind ganz viele Menschen in Norwegen plötzlich in einer ganz anderen Gemeinde oder Fylke(Provinz) erwacht und das Ganze ohne umgezogen zu sein!

Wie das passieren konnte? Norwegen hat sich reformiert, es hat eine Regionenreform stattgefunden und ebenso eine Kommunereform. Das heißt aus neunzehn fylker wurden einfach 11.

Was ist ein fylke?

Das fylke bedeutet so etwa Provinzen bzw. Regierungsbezirke. Damit ist die geographische Einteilung gemeint,die entsprechende politische Einteilung nennt sich Fylkeskommune.

Die Aufgaben der fylker sind vor allem im Straßenbau zu finden,zumindest für die fylkesveier, die Provinzstraßen. Die Verantwortung für die weitergehenden Schulen, also die Vidergående skole, die Schulen die zum Abitur oder Berufsabschluss führen und noch so einige andere Aufgaben wie Denkmalschutz oder öffentlicher Nahverkehr. Das politische Organ ist der fylkesting,die Bezirksversammlung. Alles in allem so eine wirklich wichtige Bedeutung, vergleichbar mit Bundesländern in Deutschland haben die fylker nicht, eher nur eine Verwaltungsaufgabe.

Regionenreform in Norwegen

regionenreform norwegen forbordsfjell stjordal
Blick vom Forbordsfjell in Stjørdal, damals 2 Provinzen zu sehen, in der Ferne Sørtrøndelag, der Berg selbst in Nordtrøndelag, seit 2018 nur noch ein Trøndelag!

Seit 2002, da haben die fylker die Verantwortung für die Krankenhäuser verloren, wird über eine Aufteilung und auch die Verantwortung der Provinzen diskutiert. Darüber gab es verschiedene Lösungsansätze und Ideen. 2010 erfolgte eine Reform der Verwaltung, dabei wurden aber die Grenzen der fylker nicht angerührt.

Es gab sogar Ideen die die Provinzen ganz niederlegen wollten, diese Zwischenebene von Staat und Gemeinden zu streichen und die Kommunen direkt unter der nationalen Ebene zu betreiben.Unter anderem darin begründet, das die Norweger die fylkesebene als unwichtig ansehen, was man auch an sehr geringer Beteiligung an den Wahlen zum Fylkesting sehen kann. Dadurch sollten die Kommunen gestärkt werden, aber viele der Aufgaben würden von den Kommunen gar nicht geleistet werden können.

Dann gab es den Vorschlag sechs Regionen zu bilden statt der fylker. Aber das setzte sich in der Politik auch nicht durch.

Nach der Parlamentswahl 2013, nach der Erna Solberg mit der konservativen Partei Høyre eine Minderheitsregierung bildete, wurde es nicht wie im Wahlkampf von Solbergs Partei angestrebten Abschaffung der fylkesebene, da die Regierung eben von den anderen Parteien abhängig war,die einen solchen Schritt ablehnten. So wurde es „nur“ eine Reform. Es wurde ein Plan für eine neue Verwaltungsstruktur vorgelegt und wurde im Juni 2016 im Parlament beschlossen mit Beginn am 1.1.2020.

Die Region in der wir 13 Jahren lebten, war so zusagen ein Musterschüler, denn die fylker Sørtrøndelag und Nordtrøndelag wollten schon ab 1.1.2018 ein gemeinsame Provinz werden und heißt seitdem Trøndelag!

Im Juni 2017 wurde das endgültige Gesetz beschlossen, das unter anderem beinhaltete das es ab dem 1.1.2020 nur noch 11 statt 19 Provinzen geben sollte. Es wurden einige verschiedene Aufgabenbereiche der Fylke geändert und ausgeweitet. Es wurde beschlossen den betroffenen Provinzen Geld von einmalig 15 Millionen Kronen zur Unterstützung der Umsetzung der Zusammenlegung zu geben.

Auch die Namen der neuen Provinzen wurde im Parlament beschlossen.

So sieht seit 1.1.2020 die Karte Norwegens so aus:

Norwegen kommunereform 2020 neue Provinzen
Die Karte Norwegens mit allen Provinzen ab 2020

Jetzt wo wir uns doch so schön alle 19 Provinzen gemerkt haben müssen wir also wieder umlernen. Dank Kindern die das norwegische Schulsystem durchlaufen haben, haben wir natürlich ganz automatisch solche Dinge mitgelernt.

Kritik an der Regionreform in Norwegen

Natürlich gibt und gab es auch Kritik an dieser Regionreform. Vor allem Zentralisierungsgegner kritisieren die Reform. Es wird den Provinzen nicht mehr Macht verliehen, sondern einfach nur Regionen vergrößert, was laut den Kritikern dazu führt das der Abstand, das die Dienste weiter weg von den Bürgern gebracht werden und dadurch ein weiterer Abstand der Bürger, nicht nur räumlich sondern auch in der Haltung zu den Provinzen führt.

Ein großer Kritikpunkt war auch die ganze Zeit, das die Bürger nicht gefragt worden sind, es also eine reine politische Entscheidung war.

Einige Parteien, wollen wenn sie die nächsten Wahlen gewinnen,einige der Entscheidungen wieder rückgängig machen.

Den grössten Widerstand gab es in der nördlichsten und grössten fylke in Norwegen: Finnmark. Dort sprachen sich in einer Volksabstimmung 87% der Menschen gegen eine Zusammenlegung mit der Nachbarprovinz Troms aus. Die Volksabstimmung konnte allerdings nichts ausrichten, da das beschlossenen Gesetz im Parlament stärker wiegt. Man sprach nun von einer Zwangszusammenlegung. Die Menschen im hohen Norden fühlen sich von den Abgeordneten in Oslo nicht verstanden und auch nicht richtig vertreten. In dieser Provinz ganz weit im Norden waren die Abstände zu Behörden und Ämtern schon vor der Zusammenlegung schon riesig und die werden nun noch um ein vielfaches grösser!

Kommunereform in Norwegen

Gleichzeitig fand auch eine Reform der Gemeinden statt, nun findet man nur noch 356 Kommunen in Norwegen, im Dezember 2019 waren es 422 Kommunen.

Gleichzeitig fand auch eine Reform der Gemeinden statt, nun findet man nur noch 356 Kommunen in Norwegen, im Dezember 2019 waren es 422 Kommunen.

Die größte Kommune, flächenmäßig ist übrigens Kautokeino in Finnmark, also ganz im Norden mit 9.704 km². Die kleinste Kommune mit 6 km² Kvitsøy in Rogaland.

109 Gemeinden schlossen sich zusammen und 43 ganz neue Gemeinden entstanden.

Fährt man nun 2020 nach Norwegen erscheint das Land mit einem ganz neuen Aussehen, also bedeutet das auch das man sein Kartenmaterial auswechseln sollte.

7 Kommentare

  1. Norwegen klingt echt spannend und sieht so schön aus. Aber ich glaube, ich werde niemals hinkommen… Abgesehen von den Preisen… es ist einfach irgendwie zu weit im Norden 😀
    Ich kann mir auch gar nciht vorstellen, wie es ist, wenn man dort wohnt. Die Dunkelheit im Winter in Deutschland macht mir ja schon zu schaffen…

  2. Hallo Ina,

    also nicht nur in Deutschland wird über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden. Gewählte Volksvetreter vertreten irgendwie doch nur unzureichend das Volk und den Volkswillen, sonst würde man wohl eine Volksabstimmung in Erwägung ziehen.
    Sind die Norweger denn genauso politikmüde wie die Deutschen? Kämpft man da auch mit geringen Wahlbeteiligungen?
    Ich bin ja der Ansicht, dass ich mein Wahlrecht auf jeden Fall ausübe, denn in vielen Ländern ist das nicht selbstverständlich, dass man das darf. Ich finde es ein Privileg. Ich finde es aber auch ein Privileg, dass ich entscheide, wen ich wähle oder ob ich meinen „Frust“ zumindest dahingehend zeige, dass ich ungültig wähle. Wahlbeteiligungen unter 50% müssten meiner Ansicht nach wiederholt werden…
    Btw: Was würde eigentlich passieren, wenn alle Bürger nur ungültige Wahlzettel abgeben?

    Liebe Grüße
    Liane

  3. Über die Köpfe der Bürger zu entscheiden, scheint an der Tagesordnung zu sein und Wahlrecht wird wirklich immer mehr zum Privileg.
    Doch weniger Verwaltung macht doch bestimmt Sinn.

    Liebe Grüße, katja

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