Görlitz- Wo in Deutschland die Sonne zuerst aufgeht

Altstadtbrück Görlitz Unterschiede zwischen Norwegen und Deutschland Sonnenaufgang

Im Internet, bei Kommentaren auf anderen Blogs, lasse ich gerne den Gruß: “ Wo in Deutschland die Sonne zuerst aufgeht!“ da und oft wird dann gerätselt wo wir wohl wohnen.

Dabei ist es ja eigentlich ganz einfach, wer kennt sie noch die Eselsbrücke:

Im Osten geht die Sonne auf

Im Süden ist ihr Mittagslauf

Im Westen wird sie untergehen

Im Norden ist sie nie zu sehen.

So oder ähnlich haben wir den Spruch alle schon einmal gehört und gelernt. Also ist es eigentlich ganz einfach, wo wir leben, nämlich in der östlichsten Stadt Deutschlands, Görlitz, und damit die Stadt, die die Sonne in Deutschland immer zuerst begrüssen darf.

Dieser Unterschied, wann die Sonne aufgeht ist, ist schon relativ groß, dazu braucht man gar nicht weit reisen, dazu reichen schon ein paar hundert Kilometer.

Sonnenaufgang und Sonnenuntergang

wo die Sonne zuerst aufgeht Berliner Tor
Sonnenaufgang am Berliner Tor

Ich zeige es euch mal am Beispiel von den zwei Zipfelstädten, Görlitz und Selfkant, einmal die östlichste und einmal die westlichste Stadt Deutschland, beide sind rund 750 km von einander entfernt.

Es gibt dann noch die Zipfelstädte im Norden:List und im Süden:Oberstdorf, seit 1999 sind alle vier Städte Mitglieder des Zipfelbundes. Ich mag diesen Namen irgendwie.

Am 22.6., also dem längstem Tag des Jahres :

Görlitz : Sonnenaufgang: 4:46Uhr Sonnenuntergang: 21:18Uhr

Selfkant: Sonnenaufgang: 5.21Uhr Sonnenuntergang: 21:58Uhr

Am 22.12., dem kürzesten Tag des Jahres:

Görlitz: Sonnenaufgang: 8:02 Uhr Sonnenuntergang: 15:55 Uhr

Selfkant: Sonnenaufgang: 08:37 Uhr Sonnenuntergang: 16:32 Uhr

Wie entsteht dieser Unterschied eigentlich?

Ustronie Morskie Ostsee Polen Interrail durch Polen Sonnenuntergang Ostsee
Sonnenuntergang in Ustronie Morskie

Wie schon geschrieben geht die Sonne also im Osten auf, dementsprechend später im Westen, da Selfkant nun weiter westlich liegt, geht sie dort entsprechend später auf und dann natürlich auch später unter.

Diesen Unterschied kann man natürlich auch berechnen, die Erde ist in 360 Längengrade unterteilt, die der Stand der Sonne einmal in 24 Stunden durchläuft. Somit entsprechen also 15 Längengrade genau einer Stunde.

Schauen wir uns die geographische Lage von diesen beiden Städten an: Selfkant 5° 55′ östlicher Länge und Görlitz 14°59′östlicher Länge entspricht das einen Unterschied von 9 Längengraden, also rund 36 Minuten Unterschied etwas weniger, da ich die Minuten des Längengrads jetzt außer acht lasse.

Zur Berechnung also : 15 Grad entsprechen 60 Minuten, dann entspricht 1 Grad , also 4 Minuten.

Nun könnte aber der Einwand kommen, aber im Norden ist es im Sommer viel länger hell und im Winter dunkel, das wissen wir aus 13 Jahren Leben in Norwegen ja zu Genüge.

Diese Verschiebung hat dann wiederum mit den Breitengraden zu tun. So scheint am 21.Juni bzw.22.Juni, dem Sommeranfang, am Polarkreis 24 Stunden lang die Sonne, der auf dem 66° 33′ 55″ nördlichem Breitengrad liegt. Am südlichem Polarkreis, der auf dem 66° 33′ 55″südlichem Breitengrad liegt ist es an diesem Tag 24 Stunden dunkel. Also entsprechen am Sommerbeginn ein nördlicher Breitengrad rund 11 Minuten Unterschied. (2×66,55=24 Std., 24×60/133=10,8Min.).

Deshalb ist es im Norden dementsprechend länger hell,dieser Unterschied nimmt zum Herbst hin ab und im Winter dreht sich der Unterschied entsprechend um und dann ist es entsprechend später hell.

Der 15.Meridian oder die Grenzen der Zeit

Görlitz ist aber nicht nur die Stadt, wo die Sonne zuerst aufgeht, in Deutschland, sondern es ist auch die Stadt in der es wirklich 12.00Uhr.

Wie es dazu kommt?

Früher hatte jede Stadt, jeder Ort seine eigene Uhrzeit: Wenn die Sonne am Mittag am höchsten stand dann war es zwölf Uhr Mittags. Eigentlich ganz klar und auch ganz einfach. Das wurde nur immer schwieriger mit der Mobilität der Menschen und dort ganz speziell mit dem Bau von Eisenbahnen, denn dort musste ja irgend eine Zeit gefunden werden, damit sie planbar wird.

Also hat sich der kanadische Ingenieur Sir Sandford Flemming Gedanken gemacht und kam 1879 auf die Idee die Zeitzonen einheitlich zu machen und erfand die Eisenbahnzeit. Danach dauerte es fünf Jahre und viele Meridiankonferenzen bis die Erde in 24 Zeitzonen eingeteilt wurde.

So verläuft seit 1884 durch die Sternwarte im Londoner Stadtteil Greenwich, der Nullmeridian, der Ursprung der heutigen Zeit. 1884 hat man also die 360 Längengrade die sich um die Welt spannen in 24 Stunden eingeteilt, es sind also genau 15 Längengrade pro Stunde,wie weiter oben schon einmal beschrieben. Und hier in Görlitz läuft nun der 15. Längengrad in östlicher Richtung genau hindurch und ist damit der Meridian der zur Mitteleuropäischen Zeit(MEZ) den Bezugspunkt bildet.

Dieser Meridian führt natürlich auch durch Afrika, dort heißt die Zeitzone dann Westafrikanische Zeit.

Die Meridiane sind direkte Linien zwischen Nord- und Südpol und sind erdachte Linien.

Es ist also im Gegensatz zu vielen anderen Städten mit denen wir auf einer Zeitzone liegen wie Madrid, Brüssel, Oslo, Warschau, Belgrad und Rom nur in Görlitz genau 12.00Uhr, sprich die Sonne steht genau im Zenit, allerdings nur mittlere Ortszeit da die Länge der Sonnentage schwankt, aber auch einige Tage im Jahr auch wahre Ortszeit, das heißt eine Sonnenuhr und eine moderne Uhr würden genau übereinstimmen.

Was heißt mittlere Ortszeit?

Was ist jetzt schon wieder der Unterschied zwischen mittlerer Zeit und wahrer Zeit?

Der Lauf der Sonne, das heißt die scheinbare Bewegung der Sonne über den Himmel ist nicht gleichmäßig. Manchmal etwas langsamer, manchmal schneller, wenn man nun eine Durchschnittsgeschwindigkeit annimmt und mit dieser rechnet, hat man eine mittlere Sonne, also eine mittlere Ortszeit und diese erreicht nach präzisen 24 Stunden ihren Zenit, also den höchsten Punkt ihrer Bahn. In der Winterzeit, also der „normalen“ Zeit steht in Görlitz die mittlere Sonne täglich um 12.00Uhr genau im Süden.

Der Meridianstein in Görlitz

Meridianstein Stadtpark Görlitz
Der 15.Meridianstein

In Görlitz im Stadtpark befindet sich zur Erinnerung an diesem 15.Meridian ein Meridianstein, 1150kg Lausitzer Granit, der die Weltkugel darstellt. Dieser Meridianstein wurde 1961 aufgestellt, zum ersten bemannten Raumflug von Juri Gagarin am 12.4.61. Ein Bronzebügel auf der Deckplatte zeigt genau die Meridianrichtung an und eine Inschrift beschreibt den Verlauf der Zeitzone von Afrika bis Skandinavien.

Wenn mal also dem Bügel mit dem Blick folgt schaut man also direkt nach Norden.

Kurioses zu den Zeitzonen

Die Idee die Erde einfach in 24 gleichgroße Zonen einzuteilen ist eine sehr theoretische. Einige Staaten machten merkwürdige Sachen, so konnte sich Indien wohl nicht entscheiden und liegt 4 1/2 Stunden östlich von der Mitteleuropäischen Zeit. Nepal wollte aber nicht mit Indien in einer Zone liegen und sich abgrenzen und liegt genau 4 3/4 Stunden von der MEZ entfernt.

China würde aufgrund seiner Größe eigentlich in 5 Zeitzonen, doch will China das nicht und so gilt überall im Land die Pekinger Zeit. Wenn man also im Westen die Landesgrenze übertritt ist es plötzlich 3 Stunden früher.

Noch verrückter ist es im pazifischen Ozean dort kann man durch überschreiten der Datumsgrenze zum Beispiel in Tonga heute losfliegen und landet gestern in Samoa.

Ein Kommentar

  1. Liebe Ina,
    wie cool! Das ist mal ein Beitrag nach Entdeckergeschmack!
    Und schon haben wir wieder was gelernt – dass das wirklich eine Dreiviertelstunde ausmacht zwischen Osten und Westen hätten wir nicht gedacht!
    Liebe Grüße von Ines-Bianca und Carli

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