In der Reisefotografie verwendet man in der Regel lieber eine sehr kurze Brennweite, um möglichst viel auf ein Bild zubekommen. Landschaften, Denkmäler, große Gebäude und sonstige Sehenswürdigkeiten bekommt man so recht gut auf ein Bild, ohne das man einen besonders großen Abstand benötigt.
Gerade in Altstädten, wo es meist sehr eng ist und man mit sehr wenig Platz auskommen muss, sind kurze Brennweiten oft erforderlich. Daher ist auch kein Zufall, dass die meisten Kameras heute mit ein Kit-Objektiv und einer Brennweite von 18-55 Millimeter, ausgeliefert werden. Dieser Brennweitenbereich eignet sich einfach ganz hervorragend für die Reise und genau dafür werden wohl die meisten Kameras auch gekauft.
In letzter Zeit beschäftige ich mich sehr viel mit alten Festbrennweiten. Diese Objektive bieten keine Möglichkeit zu zoomen, sondern wie der Name schon vermuten lässt, haben sie eine feste Brennweite. Es gibt einige Brennweiten die in der Fotografie als Standard gelten. Zum Beispiel 35mm, 50mm und natürlich auch 135 Millimeter Brennweite gehören für viele Fotografen zum täglichen Handwerkszeug.
Objektive mit 135 mm gehören zu den Teleobjektiven und sind somit gut geeignet, um Details aufzunehmen. Eigentlich werden sie sehr häufig als Portrait-Linse verwendet, da ich aber keine Portrait fotografiere, versuche ich eben diese Brennweite in meinem Genre zu nutzen, der Reise- und Städtefotografie.
Es ist ja nicht so, dass ich noch nie mit Telebrennweiten gearbeitet hätte, aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man mit einem Zoom-Objektiv, oder einer Festbrennweite arbeitet. Außerdem neige ich sehr oft dazu, mal eben das Objektiv zu wechseln. Mir ging es diesmal aber darum, mich mit nur einem Objektiv zu limitieren. Nur die Kamera, das Stativ und das 135 mm Teleobjektiv, mehr hatte ich nicht dabei und oftmals habe ich sogar auf das Stativ verzichtet.
Warum das Ganze? Das hat verschieden Gründe. Zum einen schult es den fotografischen Blick. Ich hatte es schon in einigen Beiträgen geschrieben, dass man den Blick für Details und das Gespür für gute Bilder einfach üben muss. Man lernt dabei auch nicht aus, sondern entdeckt immer wieder etwas Neues, was einem in der Fotografie weiter bringt.
Zum anderen bin ich sehr neugierig und möchte einfach nur wissen, ob eine so lange Brennweite auf Reisen wirklich Sinn macht. In den letzten Jahren hatte ich eigentlich immer mindestens ein Teleobjektiv in meinem Rucksack. Sehr oft nutzte ein ein Zoom-Objektiv mit 50-200 mm. Doch wie gesagt, fühlt sich eine Festbrennweite ganz anders an und man arbeitet damit auch völlig anders als mit einem Zoom.
Der Vorteil von Festbrennweiten ist die Bildqualität, denn diese Linsen sind in der Regel immer etwas schärfer als Zoomobjektive. Außerdem sind sie meist sehr Lichtstark, haben also eine sehr große Offenblende. Dadurch ist es möglich, sehr gezielt mit der Unschärfe zu spielen. Teleobjektive haben generell einen wesentlich kleineren Tiefenschärfebereich, wodurch man nicht nur mit einem unscharfen Hintergrund, sondern auch noch mit unscharfen Vordergrund arbeiten kann. Wenn man das kreativ umsetzt, können richtig spannende Bilder entstehen.
Unterwegs in der Altstadt
Zum Fotografieren war ich unterwegs in der Görlitzer Altstadt. Eine typische mittelalterliche Kulisse mit sehr vielen engen und gewundenen Gassen und kleinen Wegen, vielen hohen Türmen und Kirchen und sehr vielen verspielten Details laden zwar zum Fotografieren ein, aber ob man vernünftig mit einer so langen Brennweite knipsen kann, war noch völlig unklar. Außerdem war ich mal wieder auf dem alten Görlitzer Nikolaifriedhof unterwegs, denn dort findet man eigentlich immer spannende Motive.
Die engen Gassen und kleinen Plätze der Altstadt stellen generell ein kleines Problem dar, wenn man sie vernünftig ablichten will, denn selbst bei sehr weit-winkligen Objektiven bekommt man nicht alles aufs Bild und wenn doch, dann muss man die Kamera sehr schief halten, was wieder stürzende Linien hervorbringt.
Das 135-Millimeter-Objektiv fühlte sich anfänglich sehr sperrig an. Man benötig sehr viel Abstand zum Motiv und ich musste mich auch ganz schön bewegen, um den richtigen Bildausschnitt zu bekommen. Es erforderte ein komplettes Umdenken, was die Motiv-Auswahl und die Komposition betrifft.
Aber nach einer Weile bekommt man aber ein Gespür dafür und man konzentriert sich automatisch auf Motive, die man mit einem Weitwinkel Objektiv so nie beachtet hätte. Unscharfe Bereiche, Linienführung oder sonstige Gestaltungsmöglichkeiten lassen sich nach meiner Erfahrung sehr gut mit einem Teleobjektiv umsetzen, da der Bildausschnitt viel kleiner ist und man sich so automatisch mehr auf die Details konzentriert.
Nach einer Weile fing es richtig an Spaß zu machen, mit dieser Brennweite zu arbeiten. Gerade wenn es um Licht und Schatten geht, oder um einen spannenden Schärfeverlauf, wird es damit wirklich interessant. Ein Teleobjektiv drängt den Hintergrund zusammen, man nennt das auch Kompression, dadurch ist es oft möglich völlig andere Kompositionen zu schaffen, als es mit einem Weitwinkel möglich wäre.
Auf dem Friedhof hatte ich wesentlich mehr Platz und hier konnte ich die Brennweite auch so richtig ausnutzen. Auf so einem Friedhof findet man eine Menge spannender Motive, gerade wenn er so richtig alt ist, wird es richtig spannend. Doch möchte man nicht unbedingt über jedes Grab steigen, nur um mal eine Statue zu knipsen. Hier ist eine lange Brennweite generell von Vorteil. Außerdem profitiert man hier stark von einem unscharfen Hintergrund, denn die Bilder wirken dann wesentlich ruhiger und strukturierter.
Im Saurierpark
Auf einem Familienausflug in den Saurierpark bei Bautzen nahm ich das Objektiv ebenfalls mit. Es hing ja noch an der Kamera und ich wolle es eigentlich nur mal ausprobieren. Ich hätte nie gedacht, dass ich es die ganze Zeit verwenden würde und es entpuppte sich als einen echten Glücksfall, dass ich es dabei hatte.
In dem Saurierpark stehen sehr viele Dinosaurier im Wald und am Wegesrand, die man sehr gut aus weiter Distanz zwischen den Bäumen ablichten konnte. Abgesehen von den spannenden Blickwinkeln, die sich so ergaben, konnte ich so sehr einfach die anderen Besucher ausblenden. Nur in sehr seltenen Fällen stand mir jemand im Wege und ich konnte mich ganz entspannt auf das Fotografieren konzentrieren. Und auch hier ergaben sich wieder sehr spannende Kompositionen, die sich nur auf Grund der Entfernung und der Kompression ergaben.
Fazit:
So eine Linse macht Spaß! Nach anfänglichen Schwierigkeiten und einer kurzen Umgewöhnung entstanden interessante Bilder, die wirklich nur mit so einer langen Brennweite zu realisieren sind. Natürlich macht es nicht überall Sinn ein 135 Millimeter Objektiv zu verwenden, aber es lohnt sich wohl, wenn man ihm gelegentlich eine Chance gibt.
Was den Versuch anbelangt, mit nur einer Festbrennweite zu arbeiten, so war ich wirklich überrascht. Nach mehr als 15 Jahren mit Zoomobjektiven, fühlte es sich schon merkwürdig an, wenn man plötzlich die Füße dazu nutzen soll. Doch nach ein paar Tagen ist es einfach selbstverständlich und ich konnte bei mir selber beobachten, dass ich mir plötzlich noch viel mehr Gedanken um den Bildaufbau machte. Wenn man sich schon nach Vorne und Hinten bewegen muss, warum nicht auch gleich seitlich? Ein halber Schritt nach links oder ein halber Schritt nach rechts können das Bild stark beeinflussen. Das war mit nicht neu, doch ist es mir seit ich Objektive mit einer festen Brennweite nutze viel stärker aufgefallen.
Ich kann jedem der fotografiert nur empfehlen einmal so eine Brennweite zu nutzen. Welches Objektiv ich für die Aufnahmen verwendete erfahrt ihr im nächsten Altglas-Review. Doch das ist eigentlich egal, denn diese Bilder lassen sich mit jedem 135 mm Objektiv umsetzen.
Hallo Nico, ich bin Peter ( 68 ) und seit ca. 15 Jahren auch leidenschaftlicher Hobbyfotograf in Sachsen. Habe durch Zufall bei der Suche nach Tips für die Altglasfotografie Deine Beiträge entdeckt, die mich begeistert haben und wo ich mich auch wieder gefunden habe, denn das Gleiche habe ich auch erleben können, seit ich Altgläser verwende. Begonnen hat alles mit Sony alpha und dem Geschenk einer analogen Fotoausrüstung aus Schweden mit diversen Objektiven, die ich heute noch verwende an einer Sony NEX 5N und einer Lumix G70. Meine Favoriten sind primär MINOLTA Rokkor, 45/2, 50/1.4, 135/3.5, Tokina 24/2.8, Pentacon 135/2.8 und Helios 55/2. Hab dann noch ein SOLIGOR 400/6,3, was aber aus Gewichtsgründen und der Naheinstellgrenze von 9 m meist zu Hause bleibt, aber auch gut abbildet. Genau, wie Du beschrieben hast, jedes Altglas hat seinen Charakter und ist einmalig. Natürlich träume ich auch noch von einer Vollformat-Systemkamera, aber im Moment reicht dafür das Budget nicht aus. Würd mich freuen, von Dir zu hören und vielleicht mal paar Bilder auszutauschen. LG und bleib gesund, Peter
Hallo, sehr interessanter Ansatz : 135 mm.
Ich war in Frankfurt am Main mit Fujifilm XF 50mm F 2.0 (KB 75mm) unterwegs.
Es hat etwas sehr schönes alles mit nur einer Festbrennweite zu fotografieren.
Grüße Jens.