Altglas-Review: Weltblick 135 f2.8

Auf meiner Entdeckungsreise in der Welt der alten und analogen Objektive, bin ich auf eine Perle gestoßen, die es mir wirklich angetan hat. Das Weltblick 135 f2.8. Eine tolle Schärfe und eine sagenhafte Bildqualität dazu eine beeindruckende mechanische Qualität, beschreiben das Altglas recht gut. 

Aufgenommen mit dem Weltblick 135 f2.8
Alter Zaun auf dem Nikolai-Friedhof in Görlitz

Die Informationen zu den alten Linsen sind im Netz leider sehr dünn gesät. Man muss schon sehr lange suchen und ob die Informationen dann auch stimmen, ist oft eher fraglich.

Weltblick 135 2.8

Die Linse wurde vermutlich irgendwann in der Siebzigern produziert und stammt aus Japan. Das ist verwirrend, denn der Name Weltblick klingt nicht wirklich fernöstlich. Die Linse wurde tatsächlich von der Firma Neckermann vertrieben. Neckermann lies die Objektive von verschiedenen Firmen produzieren. Welche Produzenten dahinter stecken ist unklar, aber man munkelt, das auch einige japanische Markenfirmen die Objektive herstellten. Meine Recherche ergab, dass die Qualität deshalb nicht immer gleich gut sein soll. Allerdings muss man auch bedenken, dass die Qualität der alten Linsen immer stark variieren kann. Die Zeit hinterlässt halt ihre Spuren.

uralte Statuen
Statuen auf dem alten Friedhof

Ich hatte wohl mal wieder Glück, denn wieder einmal bin ich von der Qualität wirklich begeistert, vielleicht bin ich aber auch nur einfach schnell zu begeistern. In meinem letzten Beitrag schrieb ich über meine Erfahrung mit 135 Millimeter Brennweite. Die Bilder in dem Beitrag wurden alle mit dem Weltblick gemacht.

Weltblick 135 2.8

Das Teleobjektiv wiegt 365 Gramm und ist 8,5 cm lang, also nicht wirklich groß aber das Gewicht macht sich an der Kamera schon bemerkbar. Mir gefällt das, denn je schwerer der Kamera, desto ruhiger hält man sie und  verwackelt nicht so schnell. Bei 135 Millimeter ist das sicher von Vorteil.

Der Fokusring läuft leicht aber mit einem angenehmen Widerstand, der das Fokussieren recht leicht von der Hand gehen lässt. Auch der Blendenring lässt sich mit einem leichten klicken leicht einstellen. Die rund 40-50 Jahre, die dieses Objektiv mittlerweile auf dem Buckel hat, merkt man ihm in keinster Weise an. Eine solche Qualität beeindruckt mich immer wieder. Schade, dass ich nicht weiß, was diese Linse in all den Jahren alles erlebt hat.

Der einzige Wermutstropfen ist die Naheinstellgrenze. Mit mehr als zwei Meter Abstand zum Motiv muss man leider leben. Dadurch ist das Objektiv für meine Glaskugel nicht wirklich geeignet. 

Das Objektiv stammt wieder aus dem großen Online-Auktionshaus, wo ich es für gerade einmal 15€ kaufte. Das war allerdings ein Schnäppchen, denn oftmals wird sogar das dreifache dafür verlangt. Es gibt diese Objektiv auch mit einer Offenblende von f1.8. Für dieses Objektiv muss man allerdings 200-350€ bezahlen. 

Knackscharf bei Offenblende? 

Keine Ahnung! Es scheint für viele ein wichtiges Kaufargument zu sein, dass bei Offenblende die Bilder immer noch richtig scharf sind. Normalerweise nimmt die Bildqualität bei ganz geöffneter Blende ab. Wie stark sie abnimmt variiert von Objektiv zu Objektiv. Ich blende immer etwas ab oder fotografiere im mittleren Blendenbereich, also irgendwo zwischen f5.6 und f11. In dem Bereich sind die meisten Objektive scharf. In den Altglas-Reviews geht es mir eigentlich darum zu sehen, wie ich diese Linsen in meinem Fotografie-Alltag verwenden kann. Keine Laborbedinungen, keine Bokeh-Pornos und auch keine extremen Flares oder sonstige Gegenlichteffekte. Ich lege viel mehr Wert auf Schärfe, Kontraste und die Haptik, also die Bedienbarkeit des Objektives. Genau da schneidet das Weltblick 135 f2.8 verdammt gut ab!

Es liegt sehr gut in der Hand, der sehr breite und griffige Fokusring lässt sich sehr leicht ertasten, der Blendenring befindet sich sehr nah an der Kamera, so das man ihn nicht versehentlich verstellen kann. Es lässt sich sehr intuitiv bedienen, was man nicht von allen alten Gläsern behaupten kann. 

Die Springblende

Das Weltblick 135 f2.8 verfügt über eine Springblende auch bekannt als Automatikblende. Man kann dies mit den heutigen Arbeitsblenden der modernen Kameras vergleichen. Die Blende bei solchen Objektiven ist permanent ganz geöffnet und erst beim Auslösen schließt sich die Blende auf den eingestellten Wert. 

Weltblick 135 2.8 von hinten. Deutlich sieht man den kleinen Blendenstift.

Der Vorteil hierbei ist, dass so mehr Licht durch das Objektiv auf den Sucher fällt und man so leichter fokussieren kann. Beim Auslösen wird mittels eines kleinen Stiftes, auf der Rückseite des Objektives, die Blende auf den eingestellten Wert geschlossen.

Weide über einem Brunnen
Görlitzer Nikolaivorstadt

Moderne Kameras können mit dieser Mechanik nichts mehr anfangen. Die meisten Objektive, wie auch das Weltblick 135 haben einen Schalter, mit dem man von Automatik auf Manuell umschalten kann. Falls ein Objektiv diese Option nicht bietet und keinen solchen Schalter hat, muss man den Stift irgendwie fixieren. Gutes Klebeband funktioniert zeitweise. Einige nehmen auch Sekundenkleber um den Stift dauerhaft drückt zu halten, das ist mir aber etwas zu unsicher, denn ich möchte nicht das der Kleber ins Innere des Objektives läuft. Wenn man den Stift aber nicht fixieren kann, ist es leider nicht möglich die Blende zu verstellen.

Fazit:

Eine tolle Linse! Die Bildqualität und die Abbildungsleistung sind beeindruckend. Die sechs Blenden-Lamellen sorgen vielleicht nicht gerade für das perfekte Bokeh, aber darauf kommt es mir auch gar nicht so an. Die tolle Verarbeitung und die gute Haptik die nach so langer Zeit noch tadellos funktioniert hat mich wirklich überrascht, obwohl eigentlich keines meiner Altgläser wirkliche Mängel aufweist. Auch wenn die Naheinstellgrenze recht lang ist, kann man doch wirklich gut mit diesem Objektiv arbeiten. 

Kleine Gasse in der Altstadt
Typische enge Gasse in Görlitz

Es hat einen festen Platz in meinem Rucksack bekommen. Dafür musste aber ein Teleobjektiv mit Zoom und Autofokus weichen. Ich werde aber sicher noch weitere Objektive mit dieser Brennweite testen, denn nach wie vor bin ich neugierig und möchte die Unterschiede der Linsen erleben und für mich nutzen.

Die Bilder in diesem Beitrag wurden alle an einem trüben und eher dunklen Samstagvormittag aufgenommen. Da man bei einer so langen Brennweite entsprechend kurze Verschlusszeiten benötig, musste ich den ISO-Wert entsprechend  erhöhen, was nicht unbedingt die Bildqualität verbessert. Aber das gehört nun einmal zum Fotografie-Alltag dazu. Die Bilder wurden natürlich auch wieder kräftig mit darktable bearbeitet und natürlich auch nachgeschärft. Da ich RAW knipse geht das auch gar nicht anders. Doch auch ungeschärft macht das Weltblick ein ganz gute Figur.

 

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Schulterblick: Unterwegs mit 135 Millimeter Brennweite

 

darktable: Bilder richtig schärfen

Ein Kommentar

  1. Hi Nico,
    Weltblick war seinerzeit die Hausmarke von Neckermann, unter diesem Label wurde nahezu alles verkauft, also auch Transistorradios oder Fernseher.
    Mir ist auch grad so eins zugelaufen, allerdings von einem anderen Hersteller und sieht auch ein wenig anders aus: die orange Beschriftung (die war mal typisch für Tokina) ist bei meinem Grün, und es hat auch keinen A/M Umschalter für die Blende. Bei mir steht zudem „Lens Made in Korea“ drauf, was auf Samyang als Hersteller hinweist, gibt ja dort nur diesen Hersteller von Objektiven.

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